Durstige tränken
Sambia zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Zwei von zehn Kindern sterben allein durch verseuchtes Trinkwasser. Der Wiener Entwicklungshilfeclub will dem Abhilfe verschaffen und baut nun zehn neue Brunnen in Schulen West-Sambias
Statistisch gesehen verbraucht ein Österreicher täglich rund 130 Liter Wasser. Man wäscht sich die Hände, duscht, kocht, ohne sich wirklich vor Augen zu halten, dass man dort einen wahren Wertgegenstand in den Ausguss rinnen lässt, einen flüssigen Schatz: Wasser. Über eine Milliarde Menschen weltweit haben hingegen keinen Zugang zu ausreichendem oder sauberem Wasser, ohne sanitäre Anlagen leben gar 2,5 Milliarden Menschen. Abhilfe versprachen die Vereinten Nationen mit dem Aktionsplan der "Millenniumsziele". Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Armen halbiert werden, ein wichtiger Teilaspekt dabei: der Zugang zu sauberem Wasser für die Ärmsten.
Ernüchterung ist jedoch eingekehrt nach den letzten, zähen Verhandlungen auf Weltklimagipfeln. Die Rettung der Welt und die Bekämpfung der Armut wurde vertagt. Sollte man meinen – weit entfernt von jeder Resignation sind indes die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter des "Entwicklungshilfeclubs". Betritt man das kleine, verwinkelte Souterrain-Büro im 2. Wiener Bezirk, so umweht einen der Charme einer Grasswurzelorganisation, die sich in ihrer quirligen Geschäftigkeit nicht von politischer Ernüchterung einholen lässt. Zwischen überquellenden Regalwänden, bunt zusammengewürfelten Möbeln und einigen Computerarbeitsplätzen werden Spendenaufrufe kouvertiert, Informationsblätter gedruckt, Spenden verbucht und via Labtop ein mittlerweile weltweite Entwicklungshilfenetzwerk gepflegt.
Inmitten dieser Betriebsamkeit erklärt Franz Christian Fuchs, einer der wenigen hauptamtlichen Mitarbeiter des Vereins, das spezielle Profil des 1973 gegründeten Clubs. "Unser Job ist das Fundraising, die Sammlung von Spenden. Unterstützt werden Projekte von zumeist größeren Organisationen mit dem nötigen Know-How und den notwendigen personellen Ressourcen – etwa der Caritas, des deutschen katholischen Hilfswerks Misereor oder der großen britischen Hilfsorganisation Oxfam."
Zur Zeit betreibt der Club 60 Projekte vorwiegend in Lateinamerika, Afrika und Asien. Von kleinen, in sich abgeschlossenen Projekten, in denen es etwa um den Bau einer Schule oder eines Brunnens in Afrika geht, bis hin zu landwirtschaftlichen Großprojekten, wo man sich mit mehreren 10.000 Euro an nachhaltigen Projekten großer Organisationen beteiligt. Allein im vergangenen Jahr konnten so rund 1,5 Millionen Euro an Projektgeldern ausgeschüttet werden. "Und das besondere ist, dass bei uns wirklich jeder Euro an Spenden ankommt". Dank der rund 60 ehrenamtlichen Mitarbeiter bleibt die Organisationsstruktur überschaubar und die Kosten gering.
"Unser Schatz sind unsere treuen Spender, die schon viele Jahre dabei sind", berichtet Fuchs, aber es gibt zahlreiche Mitglieder, die sich am Club, der als Verein organisiert ist, mit Mitgliedsbeiträgen beteiligen, etwa um laufende Kosten abzudecken. Ein Schatz, der um so heller strahlt, je größer die Wirtschaftskrise sich auswächst: "Unsere Spender sind sehr treu, und so konnten wir – gegen jeden Trend – im Vorjahr das zweitbeste Spendenergebnisse unserer Geschichte vorweisen". Nicht wenige Spender kommen laut Fuchs aus dem kirchlichen Umfeld. "Offenbar sind es gerade kirchennahe Menschen, die sich besonders für diese Themen interessieren, oder die eine besondere Sensibilität für die Not anderer Menschen haben."
Fuchs "Lieblingsprojekt" verbirgt sich hinter der Chiffre "Projekt 228". Im Mittelpunkt auch hier: Wasser – konkret: das Problem verschmutzten Wassers in Sambia, einem der ärmsten Länder Afrikas. Das Problem ist so erschreckend wie simpel: aufgrund mangelnden oder verschmutzten Trinkwassers überleben in Sambia zwei von zehn Kindern ihre Kindheit nicht. "Gerade für unterernährte Kinder ist das verseuchte Wasser wie ein Todesurteil", beschreibt Fuchs die Lage. Rur- und Durchfallerkrankungen sind allgegenwärtig, mangelhafte Infrastruktur macht darüber hinaus Krankentransporte etwa aus entlegeneren Dörfern so gut wie unmöglich.
In dieser Situation hat sich der Club im Jahr 2008 einem Oxfam-Großprojekt angeschlossen, dass sich dem Ziel verschrieben hat, die Wasserversorgung in Sambia zu sichern. Aufgabe des Clubs ist es dabei, durch die Errichtung von zehn Brunnen in Schulen im besonders betroffenen Westen Sambias möglichst Linderung zu verschaffen. 56.000 Euro müssen dafür aufgebracht werden, rund 31.000 Euro konnten bereits überwiesen werden, die Differenz soll in den kommenden eineinhalb Jahren aufgebracht werden.
Und der Erfolg gibt dem Club recht: seit die ersten Brunnen errichtet sind und sauberes Wasser fördern, habe sich der Gesundheitszustand der Kinder eklatant verbessert, so Fuchs. Auch der Bau von Latrinen gehört zu "Projekt 228" sowie eine Bildungsoffensive in den Schulen über die Notwendigkeit der Hygiene: "Wo es kaum etwas zu essen gibt, verzichtet man schnell auf Seife", weiß Fuchs zu berichten. Ein neuer Brunnen und eine Handpumpe – für fast 3.000 Kinder bedeutet das ein Stück glitzernder, klarer Hoffnung.
Quelle: "Stadt Gottes" (2009) | Autor: Henning Klingen